12. November 2023, 18 Uhr
Reformationskirche Köln-Marienburg
Während der deutsch-französische Komponist Mark Andre (*1964) in seinen Werken nach der Stille greift, bevorzugen barocke Tondichter den opulenten Klang, um das Leben und ihren Gott zu loben. In „Silent Voices“ begegneten sich beide kompositorischen Wege und verschmolzen sogar zwischendurch in einer großen Klangcollage.
Das Stück „3“ für sechs Stimmen von Mark Andre ist ein sphärisch schwebendes Gebilde, das nach innerem Frieden und spiritueller Erfahrung strebt. Spurensuche und theologische Aussage zugleich, verkörpert das komplexe Werk zeitgenössische geistliche Musik, ohne Kirchenmusik im herkömmlichen Sinne zu sein. Für Komponisten wie Bach und Schütz hingegen war die Vermittlung religiöser Kernbotschaften an formale und harmonische Leitlinien gekoppelt und entsprach damit den Vorstellungen der Barockzeit. Mit kraftvollen Stimmen und in vollem Ornat rufen Chöre nach Frieden und geben der Zuversicht ein prächtiges Gewand.
Samuel Dobernecker, Musikalischer Leiter des Konzertabends mit einem Programm voll musikalischer Brüche und Gegensätze, bespielte mit sechs Solisten, einem Projektchor und einem Instrumentalensemble den sakralen Raum mit barockem Wohlklang und mit vertonter Stille. Dabei ermöglichte er Entdeckungen wie die von Jonathan Harvey komponierten „Angels“ und Reiko Fütings Chorwerk „als ein licht“, das Zitate aus Heinrich Schütz’ Chormusik auseinandernimmt und in neue zeitliche Dimensionen sortiert.
Mit einer Collage in A-Dur wagte Dobernecker ein musikalisches Experiment Musik von J.S. Bach, H. Schütz und J. Allende-Blin kreuzten, überlagerten und verbanden sich. Die Ensembles nutzten dafür den gesamten Kirchenraum und schufen durch die Auflösung der Struktur eine spannende Neukomposition über die angemessene Art und Weise, Gott in unserer Welt zu loben.
Stille und Jubel, Kontemplation und Zelebration bildeten in „Silent Voices“ ein Wechselspiel, das dazu einlud, unterschiedliche Zugänge zum Jenseitigen zu erleben und sich in verschiedenartige Klangwelten zu versenken.
Der Musiker, Organist und Chorleiter Samuel Dobernecker erhielt einen Förderpreis für sein bisheriges Werk im Bereich der Neuen Musik, insbesondere als Initiator vielfältiger experimenteller und transdisziplinärer Projekte im kirchlichen Raum. Die Stiftung zeichnete damit sein besonderes Engagement für die Vermittlung zeitgenössischer Musik im Kontext aktueller gesellschaftlicher, ästhetischer und geistlicher Diskurse aus. Der Förderpreis ist nicht zweckgebunden und mit 2.500 Euro dotiert.