Samstag, 9. Juli 2016, 19 Uhr
Kapelle der Versöhnung, Bernauer Str. 4, 10115 Berlin
Uraufführung von
Die Titanen. Sonst nemlich, Vater Zevs. Wenn aber die Himmlischen.
Nach drei Gedichten von Friedrich Hölderlin.
Für Sprechstimme, Sopran und Alt-/Tenorsaxophon.
(Kompositionsauftrag der A und A Kulturstiftung)
und weitere Kompositionen von Joachim Gies.
KOSMISCHE ENERGIE
Perkussion - Zum Video
DIE TITANEN.
Text: Friedrich Hölderlin
Sprechstimme, Sopran, Altsaxophon - Zum Video
BELAUSCHEN DER STERNE
Perkussion - Zum Video
SONST NEMLICH, VATER ZEVS
Text: Friedrich Hölderlin
Sprechstimme, Sopran, Altsaxophon - Zum Video
ATEM HOLEN
präpariertes Tenorsaxophon - Zum Video
WENN ABER DIE HIMMLISCHEN
Text: Friedrich Hölderlin
Sprechstimme, Sopran, Tenorsaxophon - Zum Video
IM SCHALLRAUM
Perkussion, Altsaxophon - Zum Video
Die A und A Kulturstiftung förderte die Produktion einer CD des Konzerts, die 2018 im Musikverlag Ries & Erler erschienen ist.
Angela Winkler | Sprecherin |
Gesine Nowakowski | Sopran |
Joachim Gies | Alt-/Tenorsaxophon, Perkussion |
Im Anschluss an das Konzert gab es die Möglichkeit, den Abend bei einem Getränk und
einer Brezel im Wandelgang der Kapelle der Versöhnung ausklingen zu lassen.
Fotos: Christoph Damm
(Sämtliche Werke und Briefe, Band 1, S. 390 ff. Hrsg. Micheal Knaupp, 1992 Carl Hanser Verlag München)
Die Titanen
Nicht ist es aber
Die Zeit. Noch sind sie
Unangebunden. Göttliches trift untheilnehmende nicht.
Dann mögen sie rechnen Mit Delphi. Indessen, gieb
in Feierstunden
Und daß ich ruhen möge, der Todten
Zu denken. Viele sind gestorben
Feldherrn in alter Zeit
Und schöne Frauen und Dichter
Und in neuer
Der Männer viel
Ich aber bin allein.
und in den Ocean schiffend
Die duftenden Inseln fragen
Wohin sie sind.
Denn manches von ihnen ist
In treuen Schriften überblieben und manches
In des Raumes Grenzen in Gestalten der Zeit.
Viel offenbaret der Gott.
Denn lang schon wirken
Die Wolken hinab
Und es wurzelt vielesbereitend heilige Wildniß
Heiß ist der Reichtum. Denn es fehlet
An Gesang, der löset den Geist.
Verzehren würd’ er
Und wäre gegen sich selbst
Denn nimmer duldet
Die Gefangenschaft das himmlische Feuer.
Es erfreuet aber
Das Gastmahl oder wenn am Feste
Das Auge glänzet und von Perlen
Der Jungfrau Hals.
Auch Kriegesspiel
und durch die Gänge
Der Gärten schmettert
Das Gedächtniß der Schlacht und besänftiget
An schlanker Brust
Die tönenden Wehre ruhn
Von Heldenvätern den Kindern.
Mich aber umsummet
Die Bien und wo der Akersmann
Die Furchen machet singen gegen
Dem Lichte die Vögel. Manche helfen
Dem Himmel. Diese siehet
Der Dichter. Gut ist es, an andern sich
Zu halten. Denn keiner trägt das Leben allein.
Wenn aber ist entzündet
Der geschäfftige Tag
Und an der Kette, die
Den Bliz ableitet
Von der Stunde des Aufgangs
Himmlischer Thau glänzt,
Muß unter Sterblichen auch
Das Hohe sich fühlen.
Drum bauen sie Häußer
Und die Werkstatt gehet
Und über Strömen das Schiff.
Und es bieten tauschend die Menschen
Die Händ’ einander, sinnig ist es
Auf Erden und nicht umsonst sind
Die Augen an den Boden geheftet.
Ihn fühlet aber
Auch andere Art.
Denn unter dem Maaße
Des Rohen brauchet es auch
Damit das Reine sich kenne.
Wenn aber
Und in die Tiefe greifet
Daß es lebendig werde
Der Allerschütterer, meinen die
Es komme der Himmlische
Zu Todten herab und gewaltig dämmerts
Im ungebundenen Abgrund
Im allesmerkenden auf.
Nicht möcht ich aber sagen
Es werden die Himmlischen schwach
Wenn schon es aufgährt.
Wenn aber und es gehet
An die Scheitel dem Vater, daß
und der Vogel des Himmels ihm
Es anzeigt. Wunderbar
Im Zorne kommet er drauf.
Sonst nemlich, Vater Zevs
Denn
Jezt aber hast du
Gefunden anderen Rath
Darum geht schröklich über
Der Erde Diana
Die Jägerin und zornig erhebt
Unendlicher Deutung voll
Sein Antliz über uns
Der Herr. Indeß das Meer seufzt, wenn
Er kommt
O wär es möglich
Zu schonen mein Vaterland
Doch allzuscheu nicht,
Es würde lieber sei
Unschiklich und gehe, mit der Erinnys, fort
Mein Leben.
Denn über der Erde wandeln
Gewaltige Mächte,
Und es ergreiffet ihr Schiksaal
Den der es leidet und zusieht,
Und ergreifft den Völkern das Herz.
Denn alles fassen muß
Ein Halbgott oder ein Mensch, dem Leiden nach,
Indem er höret, allein, oder selber
Verwandelt wird, fernahnend die Rosse des Herrn,
Wenn aber die Himmlischen haben
Gebaut, still ist es
Auf Erden, und wohlgestalt stehn
Die betroffenen Berge. Gezeichnet
Sind ihre Stirnen. Denn es traf
Sie, da den Donnerer hielt
Unzärtlich die gerade Tochter
Des Gottes bebender Stral
Und wohl duftet gelöscht
Von oben der Aufruhr.
Wo inne stehet, beruhiget, da
Und dort, das Feuer.
Denn Freude schüttet
Der Donnerer aus und hätte fast
Des Himmels vergessen
Damals im Zorne, hätt ihn nicht
Das Weise gewarnet.
Jezt aber blüht es
Am armen Ort.
Und wunderbar groß will
Es stehen.
Gebirg hänget See,
Warme Tiefe es kühlen aber die Lüfte
Inseln und Halbinseln,
Grotten zu beten,
Ein glänzender Schild
Und schnell, wie Rosen,
oder es schafft
Auch andere Art,
Es sprosset aber
viel üppig neidiges
Unkraut, das blendet, schneller schießet
Es auf, das ungelenke, denn es scherzet
Der Schöpferische, sie aber
Verstehen es nicht. Zu zornig greifft
Es und wächst. Und dem Brande gleich,
Der Häußer verzehret, schlägt
Empor, achtlos, und schonet
Den Raum nicht, und die Pfade bedeket,
Weitgährend, ein dampfend Gewölk
die unbeholfene Wildniß.
So will es göttlich scheinen. Aber
Furchtbar ungastlich windet
Sich durch den Garten die Irre,
Die augenlose, da den Ausgang
Mit reinen Händen kaum
Erfindet ein Mensch. Der gehet, gesandt,
Und suchet, dem Thier gleich, das
Nothwendige. Zwar mit Armen,
Der Ahnung voll, mag einer treffen
Das Ziel. Wo nemlich
Die Himmlischen eines Zaunes oder Merkmals,
Das ihren Weg
Anzeige, oder eines Bades
Bedürfen, reget es wie Feuer
In der Brust der Männer sich.
Noch aber hat andre
Bei sich der Vater.
Denn über den Alpen
Weil an den Adler
Sich halten müssen, damit sie nicht
Mit eigenem Sinne zornig deuten Die Dichter, wohnen über dem Fluge
Des Vogels, um den Thron
Des Gottes der Freude
Und deken den Abgrund
Ihm zu, die gelbem Feuer gleich, in reißender Zeit
Sind über Stirnen der Männer,
Die Prophetischen, denen möchten Es neiden, weil die Furcht
Sie lieben, Schatten der Hölle.
Sie aber trieb,
Ein rein Schiksaal
Eröffnend von
Der Erde heiligen Tischen
Der Reiniger Herkules,
Der bleibet immer lauter, jezt noch,
Mit dem Herrscher, und othembringend steigen
Die Dioskuren ab und auf,
An unzugänglichen Treppen, wenn von himmlischer Burg
Die Berge fernhinziehen
Bei Nacht, und hin
Die Zeiten
Pythagoras
Im Gedächtniß aber lebet Philoktetes,
Die helfen dem Vater.
Denn ruhen mögen sie. Wenn aber
Sie reizet unnüz Treiben
Der Erd’ und es nehmen
Den Himmlischen die Sinne, brennend kommen
Sie dann,
Die othemlosen
Denn es hasset
Der sinnende Gott
Unzeitiges Wachstum.